Samstag, 18. April 2015

Rezension zu "Atlantia" von Ally Condie

Schöne Unterwasserwelt, in der nichts so ist wie es scheint

Zum Inhalt:
Rio lebt mit ihrer Zwillingsschwester Bay in Atlantia, einer Unterwasserstadt, irgendwo im Ozean, geschützt nur durch Luftkuppeln. Sie sind von den Menschen, die "Oben" an Land leben, komplett abgeschnitten. Das Oben dürfen die Menschen in Atlantia aber sehr wohl sehen - zumindest wenn sie sich als Jugendliche am sogenannten "Tag der Trennung" entscheiden; zurückkehren dürfen sie dann aber nicht mehr. Rio muss Bay an eben diesem Feiertag versprechen, nicht an die Oberfläche zu gehen, obwohl dies ihr größter und sehnlichster Wunsch ist. Rio fügt sich in ihr Schicksal - und muss dann fassungslos beobachten, wie Bay das Oben wählt...

Rio wird depressiv. Fragen quälen sie. Warum hat ihre Schwester an die Oberfläche gewollt, wo sie Atlantia doch so liebte? Welchen Grund hatte sie? Um das herauszufinden, kennt Rio nur einen einzigen Weg: Sie muss selbst an die Oberfläche gelangen...

Meine Meinung:
Von Ally Condie habe ich schon die Cassia & Ky-Reihe gelesen, die mir bis auf den letzten Band sehr gut gefallen hat, da die Sprache so poetisch und ruhig war.
Eine ähnliche Sprache erwartet uns auch hier in ihrem Einzelband Atlantia, den sie auch mit Ruhe und Poesie beginnt. Man findet schnell in die Geschichte hinein, springt man doch direkt an dem Punkt in die Handlung, wo die Zeremonie des "Tags der Trennung" stattfindet. Das Einfinden wird insbesondere auch dadurch unterstützt, dass die Handlung aus Rios Sicht erzählt wird. So lernt man die Protagonistin schon im ersten Abschnitt gut kennen und kann sich in sie hineinversetzen. 
Obwohl mir die Sprache das ganze Buch hindurch sehr gut gefallen hat, störten mich doch einige Wortwiederholungen, die besonders im Mittelteil des Buches auftraten. Des öfteren spricht Rio von "Blasphemie" und an einigen Stellen so gehäuft, dass es für den Leser wirklich enervierend ist. Auch wenn mir die Sprache, die Ally Condie in Atlantia an den Tag legt, sehr gut gefallen hat, hatte ich doch einige Probleme, mir bestimmte Orte und deswegen auch Szenarien genau vorzustellen. Dahingehend war mir die Beschreibung einfach zu ungenau, besonders wenn es um die Stadt Atlantia an sich ging. Ally Condie beschreibt Atlantia in ihrem Buch so:

"Atlantia wurde also als eine Vielzahl riesiger, eingekapselter Blasen entworfen, einige höher, andere niedriger, untereinander verbunden durch Kanäle und Wege. Die Ingenieure stellten fest, dass es günstiger war, kleinere Wohneinheiten anzulegen und diese miteinander zu verbinden, als eine große Blase für alles zu konstruieren. Die Halbkugel in der Mitte ist der angenehmste Ort von Atlantia. Sie enthält den Tempel, die Ratsgeböude, den Obermarkt und mehrere Wohnviertel. Andere, kleinere Kuppeln umfassen unbedeutendere Kirchen, Märkte und Wohngegenden. In einigen der tiefsten Blasen Atlantias, die Schleusen, durch die die Drohnen für die Reparatur und die Lagerung hereinkommen, sowie der Tiefmarkt." (S.20/21)

Ich weiß nicht, ob es nur mir so mit dieser Beschreibung erging, aber irgendwie konnte meine Fantasie nicht ganz die Bedeutung der Worte von Frau Condie erfassen. Es fiel mir verdammt schwer, Atlantia eine Gestalt zu geben; hier wäre vielleicht eine Skizze am Anfang eine gute Idee gewesen, wie sie sie schon in Cassia & Ky: Die Flucht eingebaut hat. Dies macht es einfach schwerer, der Geschichte zu folgen, obwohl die Idee interessant ist und auch neue Aspekte in den fantasyüberfluteten Markt hineinbringt.
Manche Kapitel in Atlantia sind kürzer als andere, aber jedes Kapitel ist nochmals in Absätze unterteilt, die nicht zu weit auseinander liegen. Dies erleichtert das Hineinfinden in die Handlung ein wenig, sodass man wieder einsteigen kann, ohne dass man mehrere Seiten zurückblättern müsste.

Auch die Charaktere sind sehr interessant gestaltet. Was mir hier sehr gut gefällt, ist, dass sie sich im Laufe der Handlung dem Leser hin immer mehr öffnen. Am interessantesten und geheimnisvollsten finde ich Maire, da sie auf der einen Seite sympathisch und dann in der nächsten Sekunde total unsympathisch erscheint. So muss man als Leser, genau wie Rio, abwägen, ob man ihr vertrauen kann oder ob man es doch lieber sein lassen sollte. Rio ist der Charakter, den der Leser am besten kennenlernt, aber das ist ja auch kein Wunder, denn schließlich ist sie die Protagonistin des Buches. Was mich aber trotzdem an Rio stört, obwohl ich sie auch sehr gern habe, ist, dass sie ihre Mutter immer bei ihrem Vornamen nennt, und zwar wirklich immer. Dadurch wirkt es so, als hätte sie keine richtige Bindung zu ihrer Mutter entwickelt, da das Anreden eines Elternteils mit dem Vornamen auf mich wie ein Zeichen von Distanz wirkt. Auch störte mich, dass sie immer wieder sagte, sie wolle nach Oben um ihre Schwester zu finden. Das tut sie in jedem 2. Kapitel, was nach wenigen Malen sehr nervig werden kann, als wäre Rio ein quengelndes Kind.

Was den Handlungsverlauf betrifft, kann man sagen, dass Atlantia eine Geschichte ist, die ein wenig Zeit zum Anlaufen braucht. Nicht, weil sie langweilig ist, sondern weil durch die Sprache sehr viel Ruhe und Poesie hineinkommt. Solch ein Buch, das ruhig und spannend zugleich ist, habe ich erst mit dem ersten Band der Cassia & Ky-Reihe gefunden, und auch in ihrem neuesten Werk gelingt es der Autorin, die Balance zwischen Ruhe und Spannung zu halten. Nur an manchen Stellen kann die Handlung auf den Leser etwas langweilig wirken, beipielsweise bei sich wiederholenden Szenen, die ähnlich aufgemacht sind. Erst gegen Ende nimmt die Geschichte, was richtige Action betrifft Fahrt auf. Allerdings war dies für mich im Vergleich zu den davor gelesenen 300 Seiten doch ein wenig zu viel; man hatte das Gefühl, als wolle die Autorin das Buch unbedingt beenden oder als hätte sie keinen Platz mehr für ihre Ideen. Dadurch wirkte die Geschichte besonders gegen Ende des Buches ein wenig gequält und zusammengepresst. Hier hätte Frau Condie lieber noch einen Gang zurückschalten und ein richtiges Finale in einem zweiten Band verwerten sollen.

Fazit:
Ein wundervolles Buch, bei dem sich die Handlung auf eine ganz eigene Art und Weise entwickelt und so ganz anders ist, als die actiongeladene Fantasy, die man häufig in der Buchhandlung findet. Die Sprache ist schön und poetisch, wechselt sich an einigen Stellen jedoch ein bisschen zu wenig ab. Auch die Charaktere waren sehr interessant und liebevoll gestaltet, und auch wenn Rio den Leser manchmal ein wenig genervt hat, hat man sie doch ins Herz geschlossen. Das Ende war jedoch für mich ein wenig zu abrupt und plötzlich geschrieben im Vergleich zum restlichen Buch. Dies war einfach zu viel auf einmal für den Leser. Da Ally Condie nicht geplant hat, einen weiteren Teil zu veröffentlichen, müssen wir uns also mit diesem Ende begnügen. Von mir gibt es 4 von 5 Sternen für Atlantia.

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Allgemeine Infos zum Buch
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.02.2015
Aktuelle Ausgabe : 11.02.2015
Verlag : FISCHER FJB
ISBN: 9783841421692
Fester Einband: 400 Seiten
Sprache: Deutsch

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