Donnerstag, 16. April 2015

Rezension zu "Unter dem Nordlicht" von Jenny Bond

Bittersüßes Debüt nach einer wahren Begebenheit

 

Zum Inhalt:
Unter dem Nordlicht ist von einer wahren Begebenheit inspirert worden, nämlich von der ersten Ballonexpedition zum Nordpol. Nils Strindberg, eine der Haupfiguren des Buches, lässt seine Verlobte Anna Charlier allein in Schweden zurück, um mit den Herren Salomon Andreé und Knut Fraenkel eine Ballonfahrt zum Nordpol zu unternehmen. Zu der Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, ist der Nordpol noch unerforscht; kein menschlicher Fuß hat je diesen Punkt der Erde betreten. Nils soll auf der Expedition als Fotograf fungieren und verspricht seiner Familie, gesund nach Hause zurückzukehren. Doch dieses Versprechen kann er nicht halten, denn er kehrt nie nach Schweden zurück - bis 30 Jahre später die Überreste der 3 Männer von dem Reporter Knut Stubbendorff aufgefunden werden. Doch das ist nicht das Einzige, was der junge Mann entdeckt; er findet Nils Tagebuch zusammen mit nie abgeschickten Briefen - alle an Anna adressiert. Knut möchte die Frau finden, die Nils Strindberg so sehr geliebt hat und fördert dabei Geheimnisse und längst vergessen Geglaubtes zutage...

Meine Meinung:
Den Erstling von Jenny Bond habe ich bei einer Leserunde gewonnen - und total vergessen, dass er noch auf meinem Stapel liegt, um rezensiert zu werden. Dies hole ich jetzt aber nach.
"Die erste Ballonexpedition zum Nordpol" wird wohl vielen überhaupt nichts sagen, entweder weil sie sich nicht damit beschäftigen, oder eben weil das Thema im Geschichtsunterricht so gut wie gar nicht angesprochen wird. Ich hatte im Grunde genommen auch überhaupt keine Ahnung von dem geschichtlichen Hintergrund - aber irgendwie war es gerade das, was mich so magisch anzog, dass ich das Buch unbedingt lesen musste.

Spannend beginnt es auch direkt. Man wird direkt in das Geschehen hineingeworfen und Nils verkündet seiner Familie, dass er an dieser Expedition teilnehmen möchte. Dadurch, dass sich danach bei dem Leser direkt Fragen aufwerfen bezüglich der Reaktionen von Anna und Nils' Familie, fesselt Jenny Bond den Leser an die Handlung. Dies tut auch die Sprache, die die Autorin benutzt, denn so kommt man als Leser gut im Geschehen mit und kann auch nach einer Lesepause schnell wieder in den Roman hineinfinden. Der Erzähler des Romans ist der personale Erzähler. Das bedeutet, dass er die Gedanken und Gefühle der Hauptcharaktere kennt und immer wieder zwischen ihren Sichtweisen hin- und herwechselt. Dadurch lernt man die Personen noch besser kennen und kann sich ein genaueres Bild über ihr Denken und Handeln machen. Eine bildliche Vorstellung der Charaktere, sowie von der Handlung und der Szenerie an sich ist daher sehr gut möglich. Was mir jedoch nicht deutlich genug war, waren die Zeitsprünge, die Jenny Bond in ihre Geschichte hineinbaut. Die Handlung ist in zwei Stränge aufgeteilt, einmal die Vergangenheit und die Gegenwart. Zwar wird am Anfang des Kapitels jeweils genannt, in welchem Jahr wir uns gerade befinden, dennoch ist es mir schwer gefallen, mich in diese Zeit hineinzuversetzen und so konnte es passieren, dass ich bis zur Hälfte des Kapitels las um erst dann feststellen zu können, in welchem Handlungsstrang ich mich gerade befand. Dies war natürlich kontraproduktiv für die Vorstellung des Lesers, denn so konnten seine bildlichen Imaginationen nur unzureichend erfüllt werden. Die Kapitel waren auch zwischenzeitlich sehr lang. Wenn man also eine Lesepause machte, und diese mitten im Kapitel einsetzte, konnte es sein, dass man einige Zeit brauchte um wieder in die Handlung hineinzufinden, gegensätzlich dazu, wenn man ein Kapitel zu Ende gelesen hatte.

Zu den Charakteren habe ich ja schon ein paar Worte verlauten lassen, nun möchte ich mich aber trotzdem noch einmal explizit um sie kümmern. Durch die lebendige Sprache und die tollen Charakterisierungen wirken die Charaktere auf den Leser lebendig und echt. Besonders die Hauptcharaktere wurden meiner Meinung nach besonders detailliert herausgearbeitet. Dafür waren mir die Nebencharaktere in kleineren Teilen ein wenig zu flach gestaltet. Aber gut, man kann nicht alles haben.

Bei Anna war ich hin- und hergerissen zwischen Sympathie und grenzenlosem Schütteln, da sie sich manchmal echt komisch benimmt und nicht durchsetzen kann, wenn sie etwas will. Somit war die Beziehung zu ihr je nach Situation ein wahrliches Wechselbad der Gefühle. Dagegen mag man Erik und Stubbendorff sofort, weil sie sich darum bemühen, ihren Willen durchzusetzen und ihre Ziele zu erreichen. Auch wenn mir Nils ein wenig zu naiv gestaltet war, hat man ihn doch sehr liebgewonnen, auch, wenn man von Anfang an weiß, wie es mit ihm ausgeht. Allerdings fehlte mir ein kleines bisschen die Charakterentwicklung, denn vom Anfang bis zum Ende bleiben die Charaktere in ihrem Denken und Handeln gleich. Hier hätte ich mir schon etwas mehr Elan gewünscht, da dies einen Leser sehr langweilen kann.

Auch der Handlungsverlauf hat mir sehr gut gefallen. Je mehr Geheimnisse aufkommen, desto mehr möchte man lesen und diese aufdecken. Ein kleines Manko gibt es allerdings doch und zwar, dass es an einigen Stellen doch sehr langatmig und zäh war, so dass man gar nicht wirklich weiterlesen wollte. Das fand ich etwas schade, denn die Geschichte ist an sich sehr interessant. Besonders gut gefallen hat mir auch der Realitätsbezug durch die Orte, die im Buch genannt werden, da es sie wirklich gibt. Doch nicht nur darauf bezogen gefiel mir der Anschlusspunkt zum wahren Leben, sondern auch auf die Grundgeschichte an sich. Dadurch wollte ich noch ein bisschen mehr über die Expedition erfahren und habe mir den Wikipedia-Artikel zu allen Personen durchgelesen, die daran beteiligt waren. Es hat mir wirklich gut gefallen, dass die Geschichte einen Leser im Nachhinein so sehr beeinflusst. Hoffentlich lesen noch viele weitere dieses Buch, auch, wenn der Großteil von der Autorin hinzugedichtet worden ist.

Fazit:
Ein schönes Debüt einer Autorin, die ein Thema behandelt, das heute oft unter den Tisch fällt und somit nicht mehr erwähnenswert ist. Wie schon gesagt macht das Buch Lust auf weitere Hintergrundinfos zu den wahren Begebenheiten, wodurch die Autorin schon einmal die Nachhaltigkeit ihres Werks beweist. Besonders die Geheimnisse machen das Buch interessant und reißen den Leser immer wieder aus dem Spannungstief hinaus, da die Geschichte an vielen Stellen recht unspannend wirkt. Auch die Charaktere haben mir gut gefallen, wobei ich mir eine richtige Charakterentwicklung gewünscht hätte. So bleiben die Figuren in vielen ihrer Verhaltensweisen gleich, was langweilig wirken kann. Was die Autorin auf jeden Fall jedoch hätte besser machen müssen, ist die klare Trennung von Vergangenheit und Gegenwart. Diese war meist etwas unklar, so dass man erst relativ spät merkte, dass man sich in dem anderen Handlungsstrang befand als im Kapitel zuvor. Auch wenn Unter dem Nordlicht einige Schwächen aufweist, bekommt es von mir 4 von 5 Sternen.

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Allgemeine Infos zum Buch
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 21.01.2015
Aktuelle Ausgabe : 21.01.2015
Verlag : DuMont Buchverlag GmbH
ISBN: 9783832162825
Flexibler Einband: 400 Seiten
Sprache: Deutsch

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